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Sonntagsblatt

Dienstag, 8. Januar 2008

IM AUGENBLICK

oder: KAFKAS AUGEN

„Er hatte braune, schüchterne Augen, in denen es aufleuchtete, wenn er sprach“.
„Ich blieb tief beeindruckt von den stahlgrauen Augen und seinem tiefen Blick“. „Ich sah, dass seine dunklen Augen tiefblau waren“… - So erzählen Menschen von ihrer Begegnung mit Franz Kafka, jenem Schriftsteller, dessen heuer anlässlich seines 125. Geburtstages besonders gedacht wird. Und wenn sie sich über seine Augenfarbe auch keineswegs einig waren, so hatte sie doch seine Art, sie anzuschauen, auf unvergessliche Weise berührt.
„Das Sehen des Dichters war ein Schauen, ein Erschauen, das von einem inneren Auge vollbracht wurde“, erklärt ein Kafka-Forscher dessen besonderen Blick auf die Welt.
Wenn nun ein neues Jahr heraufzieht und viele Menschen ungewiss in die Zukunft blicken, mag uns die Kraft unserer Augen neu bewusst werden. Sie vermögen mitunter mehr als Worte oder Taten. Schon vor langer Zeit besang man die Augen als Waffen, die mit ihren Wimpernbögen Blicke wie Pfeile abschießen, um Menschen zu verwunden. Blicke können „töten“, verletzen und zurückweisen, sie können aber auch aufmunternd und zärtlich, voller Wärme und Liebe sein. „Die Liebe ist das geistige Auge“, so Bettina von Arnim: „Sie erkennt das Himmlische“.
Was immer das Jahr mit sich bringt: Wir haben die Möglichkeit, Leuchttürme zu sein, die still und verlässlich zur Stelle sind und das Licht der Hoffnung aussenden - unaufdringlich, aber unentwegt. „Man schließt die Augen der Toten behutsam“, bemerkte der französische Dichter und Maler Jean Cocteau, „nicht minder behutsam muss man die Augen der Lebenden öffnen“.

Erschienen im Sonntagsblatt vom 13. Jänner 2008

Sonntag, 6. Januar 2008

Goldschmiede des Gebets

„Der Pharao lässt die goldene Maske fallen“ titelte eine Zeitung, als das Foto der 3000 Jahre alten Mumie des Tutenchamun durch die Medien geisterte: schwarz, verkohlt, leere Augenhöhlen. Das war also der schöne, junge ägyptische Herrscher, dessen Grab im Tal der Könige jährlich hunderttausende Besucher anlockt. Das Aufbrechen seines prachtvollen gold-blauen Sarkophages und seine gnadenlose Zurschaustellung hinterlässt einen schalen Beigeschmack. Ein Journalist, sichtlich ratlos: „Jeder mag sich selber dazu seine Gedanken machen“.

Fragt sich nur welche. Dass wir Sensationen gerne dort suchen, wo es keine gibt? Dass wir mehr dem Geheimnis des Todes auf der Spur sind als dem Geheimnis des Lebens? Dass wir eine Gesellschaft der perfekten Verpackungen sind?

Würde man uns Menschen aufbrechen, man fände freilich wohl viele, deren Inneres leuchtet: etwa das der treuen Beter. Sie hüten einen unermesslichen Schatz und wirken wie Goldschmiede: indem sie die Perlen des Rosenkranzes fassen, die Litaneien durch geduldiges Memorieren zum Strahlen bringen und in der Anbetung des Allerheiligsten auch ihr eigenes Herz vergolden: „Es wird Menschen geben, die beten, das Gerechte tun und auf Gottes Zeit warten“ sah der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer in ihnen die Zukunft der Kirche.

„Geh zum Pharao“, drängt Gott Mose im Buch Exodus zum Aufbruch aus der Knechtschaft: „Laß mein Volk ziehen, damit sie mich verehren können“. Tutenchamun mag uns daran erinnern, nachzusehen, ob wir uns aus den alten Verstrickungen, die uns wie Mumien festzurren, lösen konnten oder nicht.

Erschienen im Sonntagsblatt, November 2007

MARTINILOBEN UND GANSLESSEN

Zum Ende des Kirchenjahres wird alljährlich der Hl. Bischof Martin von Tours, der sich europaweit einer ungebrochenen Popularität erfreut, ausgiebigst gefeiert.

"Ganslessen“ schreiben zur Zeit wieder viele Wirtsleute mit weißer Kreide auf schwarze Schiefertafeln und locken zu einem Festschmaus, der eine jahrhunderte lange Tradition hat: als letztes großes Essen vor der (früher sechswöchigen) Fastenzeit des Advents.

So heißt es um 1500 in einer Kirchenordnung aus St. Marein bei Knittelfeld: „Ain sandt Merten tag so singt man vesper und ambt, auch ophert man huener dem heyligen sandt Merthen.“ In einer Wirtschaftsrechnung des Domstiftes Seckau scheinen 1586 zu Martini „geselcht Gennss“ auf. Und auch in Graz durfte auf keiner gut bürgerlichen Tafel der Gänsebraten fehlen: am 11. November 1799 wurde hier sogar das Schauspiel „Die Martinsgänse“ auf die Bühne gebracht.

Warum aber gerade am Festtag des Hl. Martin von Tours (316/317 - 397) dermaßen geschlemmt wird, dass man in Frankreich sogar generell zum üppigen Speisen „martiner“ sagt und die anschließenden Magenbeschwerden gerne als St. Martins-Schmerzen („mal de Saint Martin“) in Kauf nimmt, hat aber viele und weit zurückreichende Gründe:

Der Martinstag markierte früher nicht nur den Winterbeginn und das Ende des bäuerlichen Wirtschaftsjahres mit Almabtrieb, Erntedank und Martinimarkt, wie er etwa in St. Martin im Sulmtal heute noch begangen wird. Er war auch das erste große Schlachtfest, dem vor allem das sich in der besten Mast befindliche Geflügel zum Opfer fiel. Denn „auf Martini“ war Zinszeit, an dem die Grundherrn ihren Anteil einforderten, und nicht umsonst hieß es: „Sankt Martin ist ein harter Mann, für den, der nicht bezahlen kann“. Ein einschneidender Tag übrigens auch für das Gesinde: er entschied, ob man entlassen oder neu eingestellt wurde. Kein Wunder also, dass bei gutem Abschluß dieser Bauernfesttag entsprechend gefeiert wurde.

So gab es etwa im Ennstal zum Martinsfest nicht nur eine Prozession von Öblarn nach St. Martin am Grimming, sondern auch gehaltvollste Kost, bestehend aus einer Schnapssuppe, Schweinsbraten und Schnapsnudeln: das waren Raunkerln aus Germteig, die in Schnaps und Gewürzen aufgekocht, angezündet und brennend serviert wurden. Es musste also keineswegs immer ein Gansl sein. Aber ein Bauernhof, der früher zu Martini nicht entsprechend aufkochte, wurde „Hungerhof“ gescholten; nicht zuletzt gingen dann auch die „Spießer“, arme Leute, die Holzstäbe durch die Fenster der Bauernhäuser streckten, damit Fleisch und Krapfen draufgespießt wurden, leer aus. Den traditionellen Festgottesdienst feiert St. Martin am Grimming übrigens heute noch und wie anno dazumal ist auch „da Abt von Admont allweil da“, so Diakon Wolfgang Griesebner. Das Schnapsmenü wich freilich längst einem „Ganslessen für’n Chor und die Festgäst’“.

Wie der Aschermittwoch hat die Zeit um Martini einen Schwellenfestcharakter, wobei beim „Martiniloben“ der neue gesegnete Rebensaft nicht fehlen durfte: von „gebrathen Gensen und gueten Wein“ schwärmten Reisende schon 1583 in Steinach. In der Radkersburger Gegend wiederum wurde das „Mirtenmahl alljährlich abwechselnd von den einzelnen Bauern eines Ortes gegeben, die einen Halben Wein beistellen, während sich die übrigen mit Zugaben von Braten und dergleichen beteiligen“, heißt es 1890. Weil Martini auch „Rechttag“ war, musste in Orten wie Preding der Gemeinderichter „eine große Schmauserei“ ausrichten. Und „in Gnas“, entnimmt man einer Aufzeichnung aus dem Steirischen Volkskundemuseum von 1891, „ist es zu Martini Brauch, dass der Pfarrer ein paar Gänse springen lässt“. Davon wisse man heute nichts mehr, meinte die Gnaser Pfarrsekretärin Erika del Negro auf meine Nachfrage hin freundlich. (Eigentlich wurden ja soundso die Pfarrer und Dorfschullehrer von den Bauern beschenkt und nicht umgekehrt.) Was es in Gnas allerdings heute noch gibt, ist das vielerorts beliebte Martinsfest für die Kleinen.

Diese Laternenumzüge der Kinder wurzeln in den liturgischen Lichterprozessionen am Vorabend des Festtages und in den Martinsfeuern, die auf den Feldern und in den Bergen entzunden wurden: in vorchristlicher Zeit, um den Sommer zu verbrennen, später um Licht ins Dunkel zu bringen, wie die guten Taten Martins das Erbarmen Gottes in die Dunkelheit der Gottesferne brachten.

„Bis zu zehn Kindergärten kommen jährlich auch zu uns, um in der Martinskirche zu feiern“, freut sich auch der Direktor von Schloss St. Martin in Graz, Martin Schmiedbauer. Erst heuer war er wieder nach Tour zu seinem Namenspatron gepilgert, der ihm aufgrund seiner Menschlichkeit ein „großer mutmachender Freund“ geworden ist: „Dieser faszinierende Heilige, der vom Osten, d.h. der burgendländisch-ungarischen Grenze, nach Westen gewandert ist, wird als ökumenischer und europäischer Patron von a l l e n Kirchen verehrt!“. Keine Frage, dass der Heilige Martin auch auf St. Martin gebührend gefeiert wird: mit Laternenfest, Sternwanderung und Martinsspiel am 9.11. und einem festlichen Gottesdienst am 11.11. Sie sind zu allem herzlich eingeladen.

Erschienen im Sonntagsblatt, Oktober 2007

Souvenirs, Souvenirs

„Erinnern Sie die Marmelade!“, rief uns unser italienischer Gastgeber freundlich nach, als wir vom Urlaub am Adriastrand aufgebrochen sind. Diese hatte er nämlich selbst zubereitet: mit reifen Früchten, Sorgfalt und Liebe.

Viele Menschen bringen aus dem Sommer Andenken mit, um angenehme Eindrücke präsent zu halten. Souvenirs werden mitunter zwar belächelt, sie sind aber weitaus mehr als eine touristische Erinnerungs-Krücke, betont der Historiker Jörg Seifarth. Ein Souvenir vermag als Zeichen für einen Ort oder eine verstrichene Zeit ein Abwesendes anwesend zu machen. Und nur die Erinnerung hat auch die Macht, die Fragen nach der eigenen Herkunft zu beantworten.

Kein Wunder also, dass Arnold Schwarzenegger das Hausschild „Thal 145“, das ihm seine steirische Heimatgemeinde zum 60er schickte, als eines seiner bedeutungsvollsten Geburtstagsgeschenke bezeichnete. „Souvenirs, Souvenirs, einer großen Zeit“, sang Bill Ramsey 1959, „sind die bunten Träume unsrer Einsamkeit.“

Seinen Ursprung hat das französische Wort „Souvenir“ im lateinischen „sub-venire“ „unter-kommen, in den Sinn, zu Hilfe kommen“. Es wäre schön, wenn wir auf unserer Reise durch die Zeit zu Souvenirs Gottes werden könnten, die die Erinnerung an seine unendliche Liebe und Gastfreundschaft wach halten. Damit Menschen, die hauptsächlich die sichtbare Welt im Blick haben, auch sein unsichtbares Reich kennen lernen. Denn dieses verheißene Land leuchtet oft gerade in der „schönsten Zeit“ des Jahres und in der glücklichen Gelöstheit von Urlaubsgefühlen auf. Es wird aber leider oft nicht als solches erkannt.

Erschienen im Sonntagsblatt, August 2007

Einfach königlich

„Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt“. Mit diesem Zitat von Shakespeare beginnt der neue Film über die Queen, der auf sensationelles Medienecho stößt. Dabei erzählt er im Grunde nichts, was Leser der diversen illustrierten Zeitungen über England nicht schon längst wüssten. Bleibt die Frage, was an diesem Streifen so fasziniert?

Vermutlich ist es die Figur der Königin an sich, die so gar nicht in die heutige Zeit zu passen scheint. Eine ältere Frau, die in stiller Würde die Pflichten des Alltags trägt. Unbeirrbar und unbeeindruckt von den Wogen des Zeitgeistes, die auch über sie hereinbrechen.

Die Queen gehöre einer „edlen Generation“ an, von der es nur noch wenige gäbe, meint die grandiose Hauptdarstellerin Helen Mirren, von Königin Elizabeth beeindruckt. Auch unter uns gibt es viele ältere Menschen, die sich ihre Lebensaufgabe nicht aussuchen konnten, diese jedoch hingebungsvoll erfüllen. Menschen, die sich selbst immer treu blieben und so unverwechselbar und unersetzbar für uns wurden.

Vielleicht haben wir bei manchen dieser Menschen auch das tröstliche Gefühl, sie seien – wie die Queen für das britische Volk – „immer schon da gewesen“. Und vielleicht macht uns der neue Film bewusst, dass es diese Konstanten, diese zutiefst verlässlichen Menschen auch im Auf und Ab unseres Lebens braucht.

Schwer ruht das Haupt, das die Sorge um seine Lieben und seine Mitmenschen drückt. Danke für diese königlichen Menschen, die von Christus nominiert, das heißt beim Namen gerufen sind. Denen er aber nicht den Golden Globe, sondern die Krone des Lebens verheißt.

Erschienen im Sonntagsblatt, August 2007

Dick & Doof

In diesem August sind es 50 Jahre, dass einer der größten Komiker der Filmgeschichte verstarb: Oliver Hardy. Gemeinsam mit Stan Laurel unterhielt er als Slapstick-Duo „Dick und Doof“ weltweit ein Millionenpublikum. Was kaum jemand weiß, ist, dass Oliver Hardy zwar dick, aber keineswegs behäbig war: Er konnte hervorragend tanzen, singen und auch Golf spielen. Stan Laurel wiederum war keineswegs doof, sondern der kluge Regisseur der meisten ihrer Filme.

Das Erfolgsrezept der sympathischen Künstler, nur e i n e n Persönlichkeitszug selbstironisch und formvollendet herauszuarbeiten, wird in unserer Gesellschaft längst unreflektiert auf die Spitze getrieben. Es ist ungemein beliebt, Menschen nach nur einem einzigen, mitunter skurrilen Aspekt zu beurteilen. Nicht zuletzt auch, um stets neue Rangordnungen („rankings“) vornehmen zu können.

So wurde etwa der Papst kürzlich von der Modewelt an die Spitze gewählt. Allerdings nicht, weil er das Oberhaupt der Kirche ist, sondern ob seiner schönen roten Schuhe, die er von Besuchern geschenkt bekommen hatte. Was unterhaltsam anmutet, weil es die Welt auf den Kopf stellt, ist freilich nicht unbedenklich: Nebensächliches läuft dem Wesentlichen zunehmend den Rang ab.

Gottes Ordnung ist jedoch eine ewige und gerechte, die keinen Launen unterliegt. Deshalb sollten auch wir unsere Filter, nach denen wir uns und andere bewerten, immer wieder kontrollieren. Und dem äußeren Schein nicht zu sehr trauen. Denn wie schon die Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach feststellte: „Du kannst so rasch sinken, dass du zu fliegen meinst“.

Erschienen im Sonntagsblatt, August 2007

Über Schatten

„Ich freue mich heute noch, dass es mir gelungen ist, den heutigen Tag noch zu erleben“, kalauerte einst Karl Valentin, der am 4. Juni seinen 125. Geburtstag gefeiert hätte.

Mit dem Tod ist aber nicht zu scherzen: „Der Mensch lebt kurze Zeit und flieht wie ein Schatten“, heißt es bei Hiob.

Vielleicht führen wir bisweilen ein Schattendasein und bleiben hinter unseren Möglichkeiten zurück. Selbst äußerlich erfolgreiche Menschen sind davor nicht gefeit, im Gegenteil. Die Gefahr ist groß, sich ständig in den eigenen Leistungen finden zu wollen, sich im eigenen Tun zu spiegeln. Doch diese Doppelsicht spaltet den Menschen: in zwei Schatten, die sich bald gegenseitig bekämpfen. Thomas Merton: „Während der eine Schatten dazu bestimmt war, den anderen zu bestätigen und zu loben, beschuldigt jetzt einer den anderen“: Nie reicht sein Tun aus. Nie ist er gut genug.

Erschöpfung, Nichtigkeitsgefühl, Ohnmacht, Hoffnungslosigkeit sind die Folge. Eine Seele, die restlos und rastlos im Handeln aufgeht, die dauernd außer sich ist, gleicht „einem Verrückten, der vor seinem Hause schläft, anstatt drinnen zu wohnen, wo es ruhig und warm ist“, beschrieb es Merton.

Wenn wir in der Sonntagslesung hören, dass der Prophet Elija den toten Jüngling in sein eigenes Bett legt, dann bringt er ihn an einen Platz, wo Ruhe möglich ist. Und wenn er sich, zum Herrn flehend, dreimal über ihn ausstreckt, dann gleicht dies dem Überschatten durch die Kraft des Höchsten.

Wenn wir aufhören, uns stets von außen zu sehen und stattdessen bei uns und in Gott daheim bleiben, dann wärmt uns das innere Feuer, anstelle uns auszubrennen. Ja und dann können wir uns wirklich freuen, den heutigen Tag noch so zu erleben.

Erschienen im Sonntagsblatt, Mai 2007

Der Hausverstand

„Gestatten, ich bin Ihr Hausverstand“, erklärt mir ein grosser, dunkelhaariger Mann seit Wochen im Fernsehen und auf Plakaten. Nun, das kann nicht sein. Denn mein Hausverstand ist gefühlsmässig eher klein und mit mir per Du.

Die Werbeidee dahinter ist jedoch beachtenswert: Immerhin investiert hier eine Lebensmittel-Kette einmal mehr ein Millionenbudget, um Konsumenten nicht nur an sich zu binden, sondern sie gezielt anzuregen, „auf ihre innere Stimme“ zu hören. Fragt sich nur manchmal, auf welche.

Denn im Inneren kann es bisweilen ziemlich rumoren – der Verheißungen gibt es bekanntlich viele: „Allem kann ich widerstehen“, beteuerte schon Oscar Wilde, „nur keiner Versuchung“.

Die Fastenzeit nutzen viele Menschen, um neu zu beginnen und sich von alten Lastern und Lasten zu befreien. „Härter sein“, lautet oft die Devise. Manchmal wäre es aber vielleicht zielführender, weicher zu werden, weniger streng mit sich zu sein: Denn der Weg zu Gott ist nicht immer nur ein steiniger. Davon sprechen viele Bilder der Bibel.

Was wäre also, wenn wir die Fastenzeit einmal bewusst leicht begehen, auf weichem Wüstensand, die Sorgen vertrauensvoll auf Gott geworfen, losgelöst vom Alltag und von seinen mächtigen Engeln getragen, die uns behüten, auf allen unseren Wegen?

Derart beflügelt können wir ihn gar nicht verfehlen. Und die inneren Stimmen können beruhigt schweigen, sogar der gesunde, echte Hausverstand.

Erschienen im Sonntagsblatt, Februar 2007

Gottes "Augenstern"

„Hellseher überschwemmen die steirischen Haushalte mit Briefen mit falschen Glücksversprechen“, warnt dieser Tage der AK-Konsumentenschutz vor Schwindelfirmen, die Leichtgläubigen das Geld aus der Tasche ziehen.

Das Geschäft mit der großen Ratlosigkeit, was den eigenen Lebensentwurf betrifft, dürfte ein gutes sein: „Geben Sie mir Ihren Stopp aus dem Bauch heraus“, säuseln nachtaus nachtein die Wahrsagerinnen via Satelliten-TV den oft verzweifelten Anrufern zu, während sie emsig die Karten mischen, um diese dann nebulos auszulegen.

Der Warnungen gibt es seit langem viele: „Die, die ihren eigenen Weg nicht kennen, zeigen anderen die Richtung“, meinte schon Marcus Tullius Cicero (1.Jh.v.Chr.) „Wahrsagung, Zeichendeuterei und Träume sind nichtig. Was du erhoffst, macht das Herz sich vor.“ heisst es im Alten Testament bei Jesus Sirach, und weiter: „Sind sie nicht vom Höchsten zur Warnung gesandt, so schenke ihnen keine Beachtung.“

Abergläubisch könnte man alles deuten, gab der Trappistenmönch Thomas Merton (1915-1968) zu bedenken, doch Gottes Wille ist kein billiges Geheimnis, das so einfach enträtselt werden kann. Weil Gott sich nach uns sehnt, gibt er uns dennoch genug Zeichen, damit wir ihn und die ewige Glückseligkeit finden. Diese Wegweiser können bisweilen unscheinbar sein: Ein Wegweiser etwa nach Rom verrät ja auch noch nichts von der Schönheit und Pracht dieser Stadt. Es lohnt sich aber, ihm zu folgen.

Während Astrologen und Sterndeuter in Horoskopen jeweils zigtausenden Widdern, Krebsen und Wassermännern dasselbe raten, ist das Faszinierende an den Zeichen Gottes nicht zuletzt, dass er jedem Menschen ganz persönliche Hinweise gibt, die nur er für sich entschlüsseln kann und die ihm zutiefst weiterhelfen. So, als wäre er allein auf der Welt und Gottes einzige Sorge, sein einziger „Augenstern“.

Erschienen im Sonntagsblatt, Dezember 2006

VIPS & NIPS - Ein Seitenblick

Ein prickelnd-zischendes Geräusch und schon flimmern sie abends für Sekunden in unser Wohnzimmer: Prominente in teils eleganten Roben, in erlesenem Ambiente, Delikatessen goutierend, ein Glas Sekt in der Hand und natürlich "unter sich." Einfach zu beneiden. Wäre da nicht dieses grelle Licht, dieses mitunter überlaute Lachen, diese krampfhaft gute Laune. Die „Seitenblicke-Gesellschaft“ wurde längst zum Inbegriff von selbstverliebter Oberflächlichkeit.

Was unsereiner daheim auf der Couch leicht übersieht: Viele dieser Menschen üben einen Beruf aus, der der Öffentlichkeit geradezu bedarf, seien es Schauspieler, Sänger oder Musiker. Gesehen zu werden und im Gespräch zu bleiben bedeutet für sie oft die Voraussetzung für neue Rollenengagements und volle Konzerthallen. Ja es sichert ihnen inmitten gnadenloser Konkurrenz nicht selten die Existenz oder auch nur das bloße Überleben.

Man kann davon ausgehen, dass es manchem VIP (very important person – sehr wichtige Person) nicht immer leicht fällt, sich wie eine Ware in den medialen „Promiauslagen“ zu präsentieren und ständig um die Gunst des Publikums, der Regisseure und Veranstalter zu buhlen. Es gilt aber, die Chance zu nutzen, denn: aus dem Fernsehen – aus dem Sinn.

Was in den Adabei-Interviews gesagt wird, mag mitunter wie ein seichtes, oberflächliches Geplänkel anmuten – die Kürze der Sendezeit und der Anspruch, zu unterhalten, erlauben jedoch keine ausführlichen oder tiefschürfenden Gedanken.

„Prominent ist man, wenn einen Leute kennen, die einen nicht kennen“, heisst es. Wie die VIPs im Rampenlicht zu stehen, mag für uns NIPs (not important persons – nicht wichtigen Personen) begehrenswert erscheinen, es hat aber auch einen hohen Preis: wenn nämlich diese „Ersten“ das Letzte geben und dennoch falsch gesehen werden.

Erschienen im Sonntagsblatt, September 2006

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