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Durch die Blume gesagt - zur Symbolik der Pflanzen

DURCH DIE BLUME GESAGT - zur Symbolik der Pflanzen

„Laßt Blumen sprechen!“ hört man oft. „Ja, aber wie?“, fragt man sich. „Rote Rosen bedeuten Liebe, ...“ selbst die Meisterfloristin, die ich um Rat frage, gerät ins Stocken. „Leider“, stellt sie bedauernd fest, „so richtig kennt sich heute niemand mehr aus“. Man sei, was die Blumensprache betrifft, vorsichtig geworden, gesteht mir die Blumenverkäuferin im nächsten Geschäft. Denn es gäbe oft Verständigungsprobleme. Vor kurzem erst wies eine Kundin den ihr angebotenen Efeu, der bei Hochzeiten als Symbol der Treue immer noch sehr beliebt ist, brüsk zurück: „Efeu ist tot und gehört auf den Friedhof!“

Schade, dass die Kommunikation via Blüten (s.u.) großteils in Vergessenheit geraten ist. Die Pflanzensymbolik spielte immerhin auch in der christlichen Kunst eine bedeutende Rolle. Viele Blumen und Heilkräuter (Ringelblume, Arnika, Gänseblümchen) wurden etwa mit Maria in Verbindung gebracht: allen voran die Rose (Königin der Blumen) und die weiße Lilie (Reinheit). Die rote Nelke mit ihren Blättern in Nagelform verwies wie die rasch welkende Anemone auf die Passion Christi. Das Alpenveilchen wiederum symbolisierte mit seiner inneren Rotfärbung das schmerzerfüllte, blutende Herz Marias. Und die Narzisse galt im Mittelalter als Paradiesblume, aber auch als Zeichen für die Auferstehung. Vieles gäbe es noch anzuführen - vielleicht ist der herannahende Frühling ja ein Ansporn, sich zu vergewissern, was einem da so blüht...


VERBLÜMT UND UNVERBLÜMT - Geheime Botschaften des Herzens

Im 19. Jahrhundert konnten sich Liebende nicht so ungezwungen treffen wie heute. Aber man verstand es, diskret beredte Blumensträuße zu übermitteln. Zur Entzifferung der Botschaften dienten kleine Wörterbücher. Auf Fragen wie „Darf ich heute zu Dir kommen?“ (kleine Rosenblüte), konnte man mit Majoran oder einem Rosenblatt (Ja!) oder mit einem Rosendorn bzw. -stengel (Nein!) antworten. Man schickte Liebesbeteuerungen (Rosmarin:Treue Liebe bis an das Grab, Gänseblümchen: Von Herzen liebe ich dich!), Bitten (Lavendel: Entscheide über mein Glück, Flieder: Laß mich nicht warten) und Grüsse (Löwenzahn: Wünsch‘ guten Morgen!). Es hagelte mitunter aber auch Vorwürfe (Königskerze: Weshalb ärgerst du mich?; Lungenkraut: Du warst nicht da!; Narzisse: Warum so grausam?). Und liebevoller Spott (Kümmel: Wie schön im Zorn!) konnte schon einmal Zurückweisung provozieren (Eichenlaub: Ich bleibe ledig). Um im Winter nicht „sprachlos“ zu sein, arrangierte man Papierblumen. Da nun die Blumenwörterbücher keine ‚Einheitsübersetzung‘ boten, waren Mißverständnisse nicht immer auszuschliessen. Da blieb manchem nur noch der Griff zum Kürbis (Du verstehst mich nicht!).

Erschienen im Sonntagsblatt, Februar 2004

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