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Erbitterter Kampf in süßer Mission

Ein Blick in die Geschichte der Schokolade

In der dunklen Jahreszeit steigt der Verbrauch einer Köstlichkeit, die gegen Stimmungstiefs hilft: die Schokolade. Indem sie die Produktion des Glücksbringers Serotonin im Gehirn anregt, löst sie Gefühle aus, die einer Verliebtheit ähneln. (Kein Wunder, dass französische Doktoren im 18. Jahrhundert Schokolade als Heilmittel u.a. gegen gebrochene Herzen verordneten.)

Christoph Kolumbus verspürte davon allerdings noch wenig, als er 1502 vor der Küste von Honduras die Kakaobohne entdeckte. Denn der heilige Trank „Xocoatl“, den ihm die Azteken reichten, schmeckte ihm nicht so besonders, enthielt er neben Kakao und Mais doch nur ein paar Chilischoten und etwas Anis. Aber er nahm einige dieser „seltsamen Mandeln“ als Kuriosum mit nach Hause. Vom spanischen Hof aus trat die Trinkschokolade – verfeinert mit altweltlichen Gewürzen wie Zimt und Moschus - Anfang des 17. Jahrhunderts ihren Siegeszug in Europa an. Vielerorts eröffnete man Schokoladestuben und der Kakao wurde zum beliebtesten Modegetränk. Auch in den Klöstern genoss man ihn: mit viel Vanille, Zucker oder Sahne und nach dem Aderlass auch mit einem Schuss Branntwein. Der berühmte französische Gourmet Brillat-Savarin gestand, dass er das Geheimnis für sein bestes Kakaorezept einer Äbtissin verdanke...

Schokolade zur Fastenzeit?

Allerdings entbrannte schon bald ein heftiger Streit über die Frage, ob Schokolade auch während der Fastenzeit erlaubt sei. Die Jesuiten erklärten sie zum Getränk und gestatteten sie; die Dominikaner hingegen erteilten ein Verbot: Ihrer Meinung nach war die Schokolade viel zu nahrhaft, um nicht als Speise zu gelten. Wiederholt wurden Päpste mit diesem Streit belangt: Sie entschieden alle stets zugunsten der Schokolade.

(Ärger gab es übrigens auch in Mittelamerika, wo sich die eingewanderten Spanierinnen ihren heißgeliebten Kakao sogar in der Kirche kredenzen ließen. Ein Verbot durch den Bischof musste allerdings zurückgenommen werden, da die selbstbewussten Damen einfach nicht mehr ins Gotteshaus kamen... )

200 Jahre lang blieben Kakao und Schokolade ein teurer Luxusartikel für den Adel und die Elite. Erst im 19. Jahrhundert, als neue Verfahren eine billigere Produktion ermöglichten, gelangte auch die breite Bevölkerung in diesen Genuss. 1847 kam in England die erste Essschokolade auf den Markt, 1875 wurde in der Schweiz die Milchschokolade erfunden.

Heute stehen wir einer unüberschaubaren Fülle an Sorten gegenüber. Bio- und Sojaprodukte machen deutlich, dass Schokolade auch ein Stück Weltanschauung sein kann. Fair Trade-Schokoladen schliesslich garantieren mit ihrem gerechten Preis für den Rohkakao nicht nur ein Glücksgefühl im eigenen Körper, sondern auch bei den Menschen, die hart für die Kakaogewinnung arbeiten müssen.

Erschienen im Sonntagsblatt, Dezember 2003

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