SPACE SHUTTLE NETREBKO
Man katapulierte sie mit höchstem Erwartungsdruck in den Salzburger Festspiel-Himmel, beschädigte vorab durch gezielte Häme ein wenig ihren persönlichen Schutzschild und wartete gespannt, ob sie mit dem Wiedereintritt in die Atmosphäre der „Normalsterblichen“ nicht doch verglüht und vorzeitig verheizt wird. Aber sie ist bravourös gelandet: Anna Netrebko. Der Starrummel um die neue „Diva“ („die Göttliche“) ruft längst Kritiker auf den Plan und so mancher wünscht sich wohl, dass die junge Russin nicht nur für einen Werbespot baden geht. Warum diese Miss-Gunst? Ist jemand, der schön und hochbegabt ist, im Rampenlicht steht und womöglich auch noch wohlhabend wird, zuviel des Erträglichen? Ein Blick in die Lebenspartitur der Sängerin zeigt nicht nur Sonnenseiten: Selbstzweifel, Einsamkeit und Heimweh begleiteten sie auf dem Weg nach oben.
„Liebling des Publikums! Ist einer darum zu beneiden, wenn er es geworden ist?“, fragte schon Theodor Herzl 1901: „Es gehört enorm viel Glück dazu, es zu werden; noch viel, abenteuerlich viel mehr, es zu bleiben.“ Im feudalen Wien der Jahrhundertwende, im dem der Neid ebenso schnell wuchs, wie Ringstraßenbauten und Prachtpalais aus dem Boden schossen, gönnte man auch dem Künstler außer dem Applaus, der ohnedies sein Brot ist, möglichst wenig: „Was – den Ruhm, und dazu noch getrüffelte Kapaunen [Masthähne] und eine Equipage [elegante Kutsche] und ein vierstöckiges Haus? Das wäre zuviel für ein Talent.“ Mehr noch kam Herzl zu einem Schluss, der bis heute nicht an Gültigkeit verloren hat: „Die Unbekannten haben es ganz gern, wenn es den Bekannten nicht allzu gut geht.“
Erschienen im Sonntagsblatt, August 2005
„Liebling des Publikums! Ist einer darum zu beneiden, wenn er es geworden ist?“, fragte schon Theodor Herzl 1901: „Es gehört enorm viel Glück dazu, es zu werden; noch viel, abenteuerlich viel mehr, es zu bleiben.“ Im feudalen Wien der Jahrhundertwende, im dem der Neid ebenso schnell wuchs, wie Ringstraßenbauten und Prachtpalais aus dem Boden schossen, gönnte man auch dem Künstler außer dem Applaus, der ohnedies sein Brot ist, möglichst wenig: „Was – den Ruhm, und dazu noch getrüffelte Kapaunen [Masthähne] und eine Equipage [elegante Kutsche] und ein vierstöckiges Haus? Das wäre zuviel für ein Talent.“ Mehr noch kam Herzl zu einem Schluss, der bis heute nicht an Gültigkeit verloren hat: „Die Unbekannten haben es ganz gern, wenn es den Bekannten nicht allzu gut geht.“
Erschienen im Sonntagsblatt, August 2005
Gerti_1966 - 6. Jan, 10:04